Sophie von der Tann: „Man muss auch mal die Extra-Meile gehen.“

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Wer aktuell die Tagesschau verfolgt, kennt Sophie von der Tann. Die 32-jährige berichtet für das ARD-Studio aus Tel Aviv in Israel über den neu entfachten Nahost-Konflikt. Als Auslandskorrespondentin birgt ihr Job viele Überraschungen.

Sophie von der Tann
Sophie von der Tann
Hier berichtet sie live vor Ort in Israel.
© ARD
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Sophie von der Tann
Hier berichtet sie live vor Ort in Israel.
Sophie von der Tann

Frau von der Tann, Sie sind seit Herbst 2021 ARD-Korrespondentin in Israel. Hatten Sie damals erwartet, nun so im Fokus zu stehen?

Mein Job hier kommt in Wellen. Zu Beginn meiner Zeit als Korrespondentin lag der Fokus der Berichterstattung auf dem Krieg in der Ukraine. Mit der neuen ultrarechten Regierung hier in Israel und spätestens seit den Angriffen der Hamas im Oktober 2023 und dem Krieg in Gaza hat sich das gewandelt und plötzlich war das Spotlight wieder hier in Israel. Wann ein solcher Wendepunkt kommt, weiß man nie. Und nun blickt die ganze Welt hierher.

Fühlten Sie sich auf dieses Spotlight durch ihre bisherigen Erfahrungen vorbereitet?

In Studium und Volontariat und auch danach habe ich sehr wichtiges Handwerkszeug lernen können. Im Studium habe ich gelernt, in kürzester Zeit sehr viele Informationen zu verarbeiten und sie zu strukturieren. Im Volontariat konnte ich erste Erfahrungen im Nachrichtenbetrieb sammeln. Schon damals war ich in Israel und habe eine solche Breaking-News-Situation miterlebt.

Nach dem Volontariat die Verantwortung im Job zu übernehmen, ist aber nochmal was anderes.

Am Ende ist es natürlich auch vieles learning by doing. Man darf nicht unterschätzen, wie viel man durch Training lernen kann. Ich dachte zu Beginn meiner Karriere noch: Mit so viel Stress kann ich nicht umgehen. Nun kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich das mal gedacht habe. Wenn ich jetzt noch eine Minute bis zur Schalte habe, denke ich mir: Ach, eine Minute, das ist ja ewig, da kann ich noch schnell etwas nachschauen. Das Wichtigste ist einfach: üben, üben, üben.

"Man sollte zunächst etwas studieren, das man inhaltlich interessant findet."

Sophie von der Tann, Auslandskorrespondentin.

Geübt haben Sie schon sehr früh und mit 16 Jahren das erste Praktikum beim ZDF gemacht.

Der Journalismus hat mich sehr interessiert und ich wollte damals einfach einen Einblick bekommen. Während eines Schüleraustauschs in den USA konnte ich beim ZDF in Washington ein kurzes Praktikum machen und den Korrespondenten über die Schultern schauen. Ich erinnere mich noch: Das war während der ersten Wahl von Barack Obama und ich habe ihn sogar gesehen. Das war wirklich spannend und hat mich darin bestärkt, mein Ziel weiterzuverfolgen.

Ihr Ziel war der Politik-Journalismus. Studiert haben Sie aber Theologie und Oriental Studies.

Das ist ganz wichtig: Man sollte zunächst etwas studieren, das man inhaltlich interessant findet. Das Handwerkszeug für den Journalismus kann man sich bei Praktika, in Ausbildungsprogrammen oder Volontariaten aneignen.

Sie haben außerdem früh angefangen, verschiedene Sprachen zu sprechen. Wie kamen Sie auf Hebräisch und Arabisch?

Ich war schon in der Schule ein kleiner Altsprachen-Nerd mit Latein, Griechisch und Hebräisch. Darüber kam ich dann auch zu Arabisch. Später bin ich viel in arabisch-sprachige Länder gereist und habe dort Sprachkurse gemacht. Arabisch ist aber auf jeden Fall nicht einfach. Das ist ein ganz anderes System, in das man sich hineindenken muss. Das fasziniert mich an der Sprache auch und ermöglicht mir einen Zugang zu einer fremden Kultur.

In Ihrem Fall auch den Zugang zum Job als Auslandskorrespondentin.

Das auch. Generell hilft es, wenn einem Sprache Spaß macht. Mit Sprache umzugehen und das gesprochene Wort fand ich immer spannend, daher bin ich wahrscheinlich auch mehr in Richtung Audio und Video gegangen.

Welche Bausteine waren sonst wichtig, um diesen Weg gehen zu können?

Zum einen ist es wichtig, Menschen zu treffen, die als Vorbild, Mentoren und Ratgeber dienen können. Menschen, von denen man etwas lernen kann und die einen unterstützen. Zum anderen braucht man eine gewisse Zielstrebigkeit und muss auch mal die Extra-Meile gehen. Ich spreche dabei nicht von Selbstausbeute, sondern von Einsatz. Das macht am Ende den Unterschied.

Können Sie uns dazu ein Beispiel nennen?

Ich habe zum Beispiel mal ein Praktikum in einem Fernsehstudio gemacht und die Korrespondentin hat mich gefragt, ob ich abends noch zu einem Dreh mitkomme. Eigentlich war ich schon verabredet, bin aber doch noch geblieben und das hat sich gelohnt. Sie hat mir angeboten, den Beitrag in meinem Lebenslauf als Co-Autorenschaft anzugeben. Das ist in einem Praktikum nicht selbstverständlich. Mir hat das am Ende bei der Bewerbung für mein Volontariat geholfen.

Das haben Sie beim Bayerischen Rundfunk gemacht.

Genau. Ein Volontariat ist eine super Möglichkeit, Einblicke in unterschiedliche journalistische Bereiche zu bekommen. Beim BR habe ich Erfahrungen in Radio und Fernsehen gesammelt, journalistische Formate wie Nachrichten und Reportage ausprobiert und gelernt, investigativ zu recherchieren. Einer der Gründe, warum ich mich für den BR entschieden hatte, war außerdem, dass ich als Teil des Volontariats Auslandsstation machen konnte. Da ich ein Interesse am Nahen Osten hatte, bin ich nach Israel gegangen und konnte sehen, wie die Arbeit als Auslandskorrespondentin aussieht. Für mich ein Traumberuf.

Der Beruf befindet sich aber im Wandel …?

Schon als ich das Volontariat begonnen hatte, war klar, dass man mit Radio und Fernsehen nicht mehr alle Leute erreichen kann und die Zukunft des Journalismus im Digitalen liegt. Die meisten, die das hier lesen, werden ja vor allem auf TikTok unterwegs sein. Es ist daher total wichtig, davor keine Angst zu haben und diese Veränderungen mitzugehen. Mein Beruf wird in ein paar Jahren ganz anders aussehen.

Drei herausragende Journalistenschulen

Neben Volontariaten bei Verlagen gibt es auch Journalistenschulen, die ganz allgemein ausbilden.

Die drei bekanntesten sind:

  1. Deutsche Journalistenschule
    Wo:
    München
    Bekannte Alumni:
    Axel Hacke (Buchautor), Sandra Maischberger (Moderatorin), Günther Jauch (Moderator)
  2. Henri-Nannen-Schule
    Wo: Hamburg
    Bekannte Alumni: Gabriele Fischer (Gründerin Brand eins), Ildikó von Kürthy (Autorin), Peter Kloeppel (Moderator)
  3. Axel-Springer-Akademie
    Wo: Berlin
    Bekannte Alumni: Belá Anda (ehem. Regierungssprecher), Kai Diekmann (ehem. Chefredakteur BILD), Vera Cordes (Moderatorin)

So wirst Du Auslandsreporter

 

Welche Ausbildung mache ich?

Um als Reporterin oder Korrespondent zu arbeiten, hier oder im Ausland, ist nach einem Studium deiner Wahl ein Volontariat sinnvoll. Die Volontariate dauern zwischen einem und zwei Jahre und vermitteln praktisches als auch theoretisches Wissen.

Wo kann ich arbeiten?

Etwa bei Zeitungen, Zeitschriften, Radiosendern und Fernsehanstalten sowie Nachrichtenagenturen. So hat etwa die ARD Studios in Nairobi, Shanghai, Washington oder Rom.

Welche Interessen und Fähigkeiten benötige ich?

Um einen der begehrten Plätze im Ausland zu bekommen, solltest du nach dem Volontariat einige Erfahrungen in den Redaktionen sammeln, fit sein in Politik und Wirtschaft und am besten schon spezifische Landeskenntnisse haben. Sprachkenntnisse sind von Vorteil.

Wie sind die Jobchancen?

Die Plätze im Ausland sind begehrt, aber begrenzt. Durch zahlreiche Krisen weltweit und die Globalisierung allgemein werden aber viele Journalisten überall auf der Welt gebraucht. Mit Fleiß und der richtigen Portion Glück kommst du bestimmt an eine Stelle.

Was verdiene ich?

Je nach Erfahrung und Einsatzort kann das Gehalt variieren. Zum Einstieg kannst du mit etwa 3.000 bis 4.500 Euro brutto rechnen. Je länger du dabei bist, umso mehr kannst du verdienen.