MINT

Die bunte Welt der Technik

Lesedauer: 8 min

Informatik ist zu schwierig und Mathe zu öde? Überhaupt nicht. Hochschulen geben sich viel Mühe, um Vorurteile über die MINT-Fächer zu entkräften. Bei kleinen Experimenten und großen Wettbewerben entdeckst du, welche spannenden Studien- und Berufswege auf dich warten.


MINT studieren
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Neugierig auf die Welt der MINT-Studiengänge? Fünf Beispiele.
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Neugierig auf die Welt der MINT-Studiengänge? Fünf Beispiele.
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Eine Wetterstation im Sportbeutel, ein Roboter, der aus Büchern vorliest, eine Pflanze, die sich selbst mit Wasser versorgt: Alles selbst gebaut von Schüler- innen. Mit ein paar Zeilen Code und den richtigen Werkzeugen werden aus Ideen plötzlich sprechende Roboter – oder was auch immer deine Fantasie hergibt. Im Projekt „Smile“ haben Teilnehmerinnen in Hamburg, Oldenburg und Bremen selbst programmiert und gebastelt. Dabei haben sie in lehrreichen Workshops und Seminaren erkannt, wie aufregend die Welt der Technik und Naturwissenschaften ist.

„Wenn man rausfindet, dass da Informatik hinter steckt, sind viele verblüfft“, sagt Dr. Serge Autexier, der „Smile“ am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz betreut. Schon mit wenig Wissen entstehen so plötzlich smarte Helfer für den Alltag: „So sehen viele, dass es keine Hexerei ist, wenn Lichter auf einmal blinken“, sagt Autexier. „Da gibt es Regeln, die sind mit ein bisschen Hintergrundwissen für jeden zugänglich.“

Probieren geht über Studieren

Doch viele Schülerinnen und Schüler schrecken trotzdem noch zurück: Trockene Formeln und stumpfes Auswendiglernen in den naturwissenschaftlichen Fächern hat sie abgeschreckt. Die Wirtschaft sucht dabei händeringend nach Experten – der Fachkräftemangel wird seit Jahren immer schlimmer. Denn viele Formeln und Codes sorgen unter der Oberfläche dafür, dass unser Alltag funktioniert. Sie sind für Fortschritt in Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft verantwortlich. Trotzdem haben zahlreiche Schülerinnen und Schüler hartnäckige Vorbehalte gegen die Studiengänge, die in diese Berufe führen.

Gerade in den sogenannten MINT-Studiengängen kommt Probieren vor Studieren. Wer einmal selbst gebastelt, gerechnet oder geforscht hat, erkennt schnell: In der Praxis ist die Welt viel bunter, als es das Mathebuch vortäuscht. „Ganz häufig sind die Vorstellungen von der Realität in den Berufen falsch“, sagt IT-Professorin Korinna Bade von der Hochschule Sachsen-Anhalt. Dabei bewegst du in diesen Jobs richtig was. Und auch bei kleinen MINT-Projekten beschäftigst du dich schnell mit den ganz großen Themen.

MINT studieren: Kriminalfälle dank Bio-Chemie lösen

In Münster entwickeln junge Teilnehmer beispielsweise in kurzen Workshops an der Uni eigene Ideen rund um den Klimaschutz. In den Laboren der Uni Frankfurt erfahren die Schülerinnen und Schüler mehr über Elektromobilität – oder lösen gar einen Kriminalfall mithilfe von Bio-Chemie. Die Vielfalt ist groß. Überall gibt es Projekte von Unis oder Unternehmen, die dir einen ersten Einblick ermöglichen. Wie intensiv du mitmachen willst, liegt dabei ganz bei dir.

Mal tauchst du bei einem Wettbewerb tief in die Programmierung eines Mini-Roboters ab, mal fragst du Studierende, wie schwer die Matheprüfungen tatsächlich sind. Das führt dich nicht nur hin zu ziemlich guten Karrierechancen, sondern vor allem zu einer wirklich spannenden und lehrreichen Zeit. Schon nach wenigen Tagen kannst du sicher einige Vorurteile über Bord werfen. Und so – Schritt für Schritt – immer weiter vorankommen: Vom Schnuppertag zur Projektwoche, vom Wettbewerb zur Studiums-Vorbereitung.

Virtuelle Projekte

IT-Wissen statt Instagram: Die Universität von Colorado teilt virtuelle MINT-Experimente. Wie müssen Objekte auf einer Wippe verteilt werden, damit sie in Balance bleibt? Wie wirken Wolken auf den Treibhauseffekt? Mit den animierten Anwendungen eignest du dir kompakt MINT-Wissen an. Wer mehr will: Mit der App „intoMINT“ können sich Schülerinnen ab Klasse acht auf dem Smartphone quer durch die Disziplinen quizzen. Auf kleine Wissenshappen folgen kompakte Experimente – ideal für zwischendurch. Zudem können Fotos der Projekte hoch- geladen werden.

Bis Ende August kannst du in der App Punkte sammeln und iPads oder Experimentierkästen gewinnen. Die Helmholtz-Gesellschaft oder das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum stellen in kurzen Clips naturwissenschaftliche Experimente zum Nachmachen vor. Du willst dich nur berieseln lassen? Die Technische Universität Berlin zeigt kurze Tutorials. Hier lernst du, wie du eine Auffangwanne schweißt oder ein Gewinde drehst.

Vorbereitungszeit: Gar keine, einfach loslegen. Die digitalen Lerneinheiten kannst du starten, wann auch immer du willst.

Dauer: Jede Einheit dauert meist nur wenige Minuten bis zu einer Stunde, du kannst das Ganze aber gut über einige Wochen verteilen.

Links:

MINT-Internat

Bei Jugend forscht vorne mit dabei? Am Nachmittag noch freiwillig zur Informatik AG? Wer so richtig für die MINT-Themen brennt, der kann schon in der Schulzeit einen Gang hochschalten. Das Programm „Plus Mint“ will junge Talente intensiv fördern - so, wie die Nachwuchsleistungszentren im Fußball die nächsten Top-Spieler ausbilden wollen. Zwischen 40 und 50 Schülerinnen und Schüler können pro Jahr mitmachen. Wer ausgewählt wird, zieht in eines von fünf Internaten, die bundesweit über das Land verteilt sind.

Dort gibt es dann für die Schüler das MINT-Komplettprogramm: Neben dem Unterricht gibt es auch Projekte mit Unternehmen und Hochschulen. Zudem treffen sich die Stipendiaten zu gemeinsamen Fahrten: Da geht es mal um den Lebensraum Ostsee, mal um die Gletscherforschung. „Wir wollen die Möglichkeit geben, sich auch über den Unterricht hinaus zu den Themen zu engagieren“, sagt Sven Meier, Projektleiter beim Organisator, dem Verein zur MINT-Talentförderung.

Vorbereitungszeit: Bewerbungsschluss ist immer der 31. Januar – also ist noch etwas Zeit, um ein überzeugendes Motivationsschreiben aufzusetzen. Die Auswahl findet im Frühjahr statt, das Programm startet dann zum nächsten Schuljahr.

Dauer: Bis zu drei Jahre – Start ist ab der 9. Klasse, die Begleitung geht bis zum Abitur.

Links: www.plus-mint.de/schueler

Wettbewerbe

Nicht einfach für einen Roboter – und schon gar nicht für das Schülerteam dahinter: Beim „Robocom“-Wettbewerb der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen wartet eine knackige Aufgabe. Eine selbst konstruierte Maschine muss zuerst einer schwarzen Linie einen Parcours entlang folgen. Und dann eine Wasserflasche von einem Podest hieven. Interesse geweckt? Dann bewirb dich mit bis zu drei Freunden. Für einige Teams stehen leihweise Lego-EV-Baukästen zur Verfügung. Mint-Machen kannst du auch bei Wettbewerben an anderen Hochschulen.

Bei „Invent a Chip“ tüfteln Schüler ab Klasse acht ein Projekt aus. Die Ideen sind vielfältig: Oliver (16) aus Dormagen liest Laser- und Dioden-Daten aus, um im Auto zum richtigen Zeitpunkt die Frontscheibenheizung zu aktivieren. Tara (15) und Connor (13) bauen eine smarte Katzenklappe: Will das Haustier mit einer toten Maus im Mund in die Wohnung, bleibt der Eingang zu. Gebastelt wird daheim, das Praxiswissen gibt es bei einem Seminar an der Leibniz-Uni Hannover.

Vorbereitungszeit: Oft gibt es feste Stichtage für Bewerbung und Workshops – und einen klar definierten Einsendeschluss für die Teilnahme. Also immer mal wieder im Jahr die Termine checken. Und im Hinterkopf Ideen sammeln.

Dauer: Meistens zieht sich so ein Wett- bewerb über mehrere Monate.

Links:

Gap-Year

Für Schülerinnen direkt vor dem Abschluss könnte das Technikum spannend sein: Sechs Monate lang absolvieren die Teilnehmerinnen in Hessen eine Kombination aus Praktika und Schnupperstudium. Sie arbeiten in zwei Unternehmen aus der Tech-, Chemie- oder Pharmabranche mit. Und schauen einen Tag in der Woche an einer Hochschule vorbei, um die verschiedenen Studienfächer kennenzulernen. „Ich verstehe mich super mit den Kollegen und habe die Möglichkeit an meinem eigenen Projekt eigenständig zu arbeiten“, lobt die ehemalige Teilnehmerin Tasha Seidler nach dem Abschluss. „Auch wenn ich für mich persönlich herausgefunden habe, dass die Richtung Elektrotechnik nicht hundertprozentig meins ist.“

In Berlin gibt es für Abiturienten zudem eine Art Orientierungsstudium: Unter dem Titel „MINTGrün“ kannst du dir aus verschiedenen Fächern ein eigenes Programm kombinieren. Und so in Ruhe die Studiengänge und deine eigenen Stärken und Schwächen testen. Dein Bonus: Alle bestandenen Prüfungen kannst du dir in einem regulären Studium dann anrechnen lassen.

Vorbereitungszeit: Ein paar Wochen solltest du dir nehmen. Zum einen gibt es festgelegte Bewerbungszeiten. Zum anderen kannst du so sicher sein, dass du die passende Uni und Firma für dich auswählst.

Dauer: Das Technikum dauert ein Semester – jeweils von Oktober bis März. An der TU Berlin sind zwei Semester für „MINTGrün“ vorgesehen.

Links:

Schnupperstudium

Ob Roboterfußball oder ein selbst programmierter Sprachassistent: In einer Herbstferienwoche setzen Schüler an der Uni Hamburg ein Informatikprojekt um. In Heilbronn entstehen in drei Tagen eine Solarladestation für Akkus oder die Programmierung eines Mini-PCs. So ein „Schnupperstudium“ bieten viele Hochschulen an. Oft findet das kompakt in einer Ferienwoche statt.

Du lernst, was in einem MINT-Studium alles auf dich zukommt – und kannst in den Hörsälen schon einmal Probe sitzen. Mit dabei sind oft Studierende aus den jeweiligen Fächern. Die beantworten Fragen zum Alltag, die du den Professoren nicht stellen willst. „Studieren probieren“ nennt das etwa die Hochschule Konstanz – und bietet in den Oster- und Herbstferien ein Schülerschnupperprogramm. Es soll „Fachinhalte und den Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten“ vermitteln. Daraus pickst du dir deine Favoriten.

Vorbereitungszeit: In der Regel liegt der Anmeldeschluss ein bis zwei Monate vor dem Beginn des jeweiligen Schnupperstudiums.

Dauer: Mehrere Tage bis zu zwei Wochen, meist am Stück

Links:

Da geht noch mehr!

Die Initiative „Komm mach Mint“ stellt auf einer Deutschland-Karte zahlreiche Projekte zum Mint-Machen vor: www.komm-mach-mint.de/schuelerinnen/mint-karte

Der Autor
Manuel Heckel

Ob München, Tel Aviv oder Ankara: Manuel ist schon viel herumgekommen. Als freier Wirtschaftsjournalist beschäftigt er sich vor allem mit den Themen Digitalisierung und der modernen Arbeitswelt.